Marientragen

Ein alter Adventbrauch erfährt Neubelebung im Marienmonat Mai

 Das Frauen- oder Marientragen ist seit dem 17. Jahrhundert bezeugt. In der Adventszeit wird eine Marienplastik oder ein Marienbild (z.B. Mariä Heimsuchung, Maria gravida, Wallfahrtsmadonna) von einem Haus in das andere getragen und auf einem Hausaltar zur Andacht für die Familie und die Nachbarschaft aufgestellt. In der Christnacht gelangt das Marienbild schließlich in die Kirche zurück. Der katholische Theologe Hermann Kirchhoff befürwortet nachdrücklich, diesen Brauch zu erhalten bzw. zu erneuern. Er gibt Anleitung zur Gestaltung: „Kinder oder Jugendliche … tragen das Bild oder die Statue in die Häuser der Familien …  Bild oder Statue werden an einen geschmückten Platz im Haus gestellt. Es folgt eine Hausandacht … Dazu werden Nachbarn und Freunde eingeladen, mit denen man anschließend in geselliger Runde zusammensitzt. Bild oder Statue werden am Abend des nächsten Tages abgeholt.“

„Da aber Marias Leben ein Leben auf Reisen war und wir den Mai als Marienmonat begehen, lässt sich der Brauch auch sehr gut auf das Frühjahr übertragen“, gibt Maria Winand, die Sprecherin der kfd Odendorf, Essig, Ludendorf und Ollheim, die Überzeugung der Swisttaler Frauengemeinschaften wieder“. Diese greifen in diesem Mai den alten Brauch auf. „Die Frauen tragen ein Bild der Muttergottes mit dem Jesuskind in einem Korb zu den Orten, an denen Maiandachten stattfinden. „Beweggründe für diese besondere Aktion sind in Zeiten der Pandemie vor allem der Wunsch, Kontakt untereinander zu halten und den fehlenden Angeboten und Möglichkeiten zu gemeinsamen Unternehmungen etwas entgegenzusetzen“, erklärt Hedi Wolters von der kfd im Marienwallfahrtsort Buschhoven.  Das Motto der Aktion, aus der vielleicht eine neue Tradition entstehen könnte, lautet: „Maria mitten in unserem Leben“. „Die Teilnehmenden der Maiandachten können ihre Anliegen auf bunte herzförmige Zettel schreiben und diese zu dem Bild der Schönstatt-Muttergottes in den Korb legen. Nach der letzten Station in Heimerzheim werden alle Fürbitten in der Buschhovener Kirche an eine Pinnwand geheftet. So können die Besucher die Anliegen in ihr Gebet mit einschließen.“

Verbreitet sind Rosa-mystica-Statuen als Wandermuttergottes, die beim „Frauentragen“ von Haus zu Haus gebracht werden. Die Darstellung der Rosa mystica ist in Österreich mit über 4000 Exemplaren die am weitesten verbreitete Wandermuttergottes. Die Rosa Mystica erfährt auch in Swisttal-Buschhoven große Verehrung als Wallfahrtsgnadenbild.

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Das Frautragen im Marienmonat Mai wird auch in anderen Orten praktiziert. In Mendig-Thür beispielsweise ist die Fatima-Madonna seit der Familienwallfahrt der Pfarrei St. Cyriakus nach Fraukirch (eine der ältesten Wallfahrtskirchen der Eifel nahe Thür) in Familien unterwegs. Als „geheime Hauptstädte der Welt“ hat Konrad Adenauer den Wallfahrtsort Fatima bezeichnet. So reagierte er auf den Bettelbrief eines Schülers aus Niedermendig 1960 mit der Überweisung von 50 DM zur Anschaffung einer Fatimastatue, damit sie als Wandermuttergottes bei vielen Familien Station machen kann. Diese alte Tradition ist nun wiederbelebt worden und die Nachfrage aus dem Kreis der älteren Gläubigen ist erstaunlich groß.

 

„Frauentragen“ im Mai in der Pfarrei Waldsassen 2020: Wir wollen den Brauch „gerade in dieser schwierigen Zeit [Pandemie] auch im Marienmonat Mai pflegen. Zwei Möglichkeiten werden angeboten: Zum einen werden dazu fünf sog. ‚Maria-Hilf‘-Bilder auf den Weg in unsere Pfarrei gebracht. … Schön wäre es, wenn Tag für Tag das Bild zum Gebet in einem anderen Haus zu Gast sein könnte. Überlegen Sie bitte auch selbst, wer in der Nachbarschaft, vor allem ältere und kranke Pfarrangehörige, darauf hingewiesen werden könnte. Die Übergabe erfolgt natürlich nach den geltenden Regeln, also mit Abstand und den sonstigen Hygienemaßnahmen. Zum anderen können Sie sich melden und Sie erhalten im Briefkasten das Bild und den Text der Maiandacht. Diese verbleiben dann bei Ihnen und Sie können diese für das persönliche Gebet im Mai verwenden. … Die Marienbilder werden am 1. Mai bei der Maiandacht gesegnet und werden dann zusammen mit einem Gebetsvorschlag (auch für Familien mit kleineren Kindern) abgeholt und nach Wunsch weitergegeben.“

https://www.pfarrei-waldsassen.de/wp-content/uploads/2020/04/Frauentragen-im-Mai.pdf

Frautragen – ein alter Adventsbrauch neu umgesetzt als mobile Maiandacht in der Pfarrei St. Crescentius in Naumburg: „Und so geht`s: Zur mobilen Maiandacht melden Sie sich bitte bis Dienstag, 27.04.2021 … an. Am Freitag, 30.04.2021, werden wir den Korb mit der ‚Wandermuttergottes‘ in der Abendmesse von Stadtpfarrer W. Johannes Kowal segnen lassen. Dann geht der Korb auf die Reise, bringt Segen und Begegnung und kann sich mit Bitten und Gebeten von uns füllen. Ende Mai bringen wir die ‚Wandermuttergottes‘ zurück in unsere Stadtpfarrkirche.“   Je nach Stand der Pandemie wird ein Dankgottesdienst gefeiert oder „eine Plakatwand mit unseren Gedanken“ gestaltet. „Wer mobil ist, kann sich mit Abstand auch zu den Mariengottesdiensten in der Fatima Grotte treffen.“

Quellen und Literatur

Alte Tradition wiederbelebt. Wandermuttergottes macht bei vielen Familien Station. Bericht vom 22.5.2017 (https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Alte-Tradition-wiederbelebt-267490.html)

Frauentragen im Mai (https://www.pfarrei-waldsassen.de/wp-content/uploads/2020/04/Frauentragen-im-Mai.pdf)

Maria mitten in unserem Leben (https://www.katholische-kirche-naumburg.de/naumburg/Gemeindeleben/Frauengemeinschaft/Wandermuttergottes_2021.php)

https://de.wikipedia.org/wiki/Wandermuttergottes

Kirchenzeitung Erzbistum Köln 17/21 vom 30.4.2021, S. 34

Alois Döring: Rheinische Bräuche durch das Jahr. 2. Auflage Köln 2007

Hermann Kirchhoff: Christliches Brauchtum. Feste und Bräuche im Jahreskreis. München 1995