Marienmonat Mai

Von Maiandachten und Maialtärchen

Dr. Alois Döring

Maialtar in Kölner Kirche

Maialtar in Kölner Kirche

Die Maiandacht ist verbunden mit der Weihe des Monats Mai an Maria: „Opfere Mariä den schönsten Monats des Jahres und die Erstlinge des Frühlings.“

Die Maiandacht ging von Italien aus: „Hier wurden erstmals in Ferrara im Mai 1784 öffentlich den ganzen Monat hindurch Maiandachten gehalten. Bis dahin scheint die Maiandacht eher eine pri­vate Frömmigkeitsübung, wenn auch teils in öffentlichem Rahmen, gewesen zu sein. Zeug­nisse sprechen z. B. um 1739 von einer besonde­ren Form der Marienverehrung im Mai in Grezzano bei Ve­rona. Von Italien ge­langte die Maiandacht bald nach Frankreich. Dort verbreitete sie sich im Zusammenhang mit der verstärkten Restau­rationsbewegung; sie wur­de verstanden als „das kirchliche Gegenstück zu der frivolen Frühlingsfeier der Revolutio­näre“.

In Deutschland wurde die erste Maiandacht 1841 im Kloster der aus Frank­reich kommenden Ordensschwestern „Frauen vom Guten Hirten“ in München gefeiert. Im übrigen Deutschland setzte sie sich bis zum Jahre 1860 in den Diözesen durch, so 1842 Aachen, 1850 Köln und Münster.

Die Ausrichtung der Andachten im Mai wurde gezielt propagiert, einen Beleg bietet das Trierer Sonntagsblatt „Eucharius“. Bereits im ersten Jahrgang wird der Mai als Marienmonat gepriesen und „die Maiandacht als Antwort auf die Gottlosigkeit der Aufklärung wie auf die Sinnenlust propagiert, die im Frühling unter den Menschen ausbreche. Der Appell, den Mai durch das Schmücken von Marienbildern bzw. Marienstatuen in den Kirchen und Privathäusern, durch das Gebet des Rosenkranzes, den Empfang der Sakramente und durch tugendhafte Werke auszuzeichnen, richtet sich insbesondere an die Frauen“.

Zu dieser antiaufklärerischen Frontstellung kommt hinzu, dass die katholische Kirche die Maiandacht ab Ende des 19. Jahrhunderts in einen deutlichen Gegensatz zu dem seit 1890 begangenen Arbeitermai (Erster Mai) zu stellen und dem Marienkult einen sozialen Zuschnitt zu geben suchte: „In ‚Maria Hilf! Monatsschrift für die Verehrer der Mutter Gottes von der immerwährenden Hilfe’, einer der auflagenstärksten Marienzeitschriften, häufen sich ab 1893 die Empfehlungen zur Aufstellung von Mai-Altärchen ‚im Schlafzimmer, in der Kirche und in der Werkstätte’ und zur Abhaltung von privaten Marienandachten. 1894 heißt es dort unter dem Titel ‚Daß man den Maimonat feiern soll’: ‚In manchen Fabriken, wo noch Frömmigkeit und Re­ligion herrschen, wo man auch das Bild des Gekreuzigten noch hängen sieht, kann man aber auch neben dem Kruzifixe während des Maimonates ein Marien­bild mit Kerzenlicht und Blumenschmuck betrachten’.“

Die Maiandacht gilt als Inbegriff des „schönen“ maialtärchenGottesdienstes. Zu deren Merkmalen zählt der Maialtar
als besonders geschmückter Altar in der Kirche oder als Hausaltar im Kreis der Familie. Mit dem Maialtar sollte Maria mit der ganzen frühlingshaften, zu neuem Leben erwachten Natur verehrt werden.

Gleichzeitig mit dem Aufkommen des Maialtars in der Kirche verbreitete sich der Brauch, auch im privaten, häuslichen Bereich einen derartigen Altar zu errichten. Autoren privater Andachtsbücher regten an, ein „ohnehin in  jedem guten katholischen Hause“ vorhandenes Marienbild zu schmücken und davor zu beten, ja stellten sogar das „Betzimmer“ – sei es das eigene Zimmerchen, das Wohnzimmer der Familie oder auch das Schlafzimmer – als „ein Mariä geweihtes Heiligthum“ dar.

In Lebenserinnerungen katholischer Christen finden sich anschauliche Berichte über die häusliche Maiandacht, hier Beispiele aus dem Bonner Raum.

„Gerne erinnere ich mich an meine Kindheit. Auf den Monat Mai habe ich mich immer besonders gefreut. Mit großer Begeisterung suchten wir Kinder auf den Wiesen die ersten Blumen. Schlüsselblumen, Wiesenschaumkraut, Buschwindröschen fanden wir reichlich. Zu Hause errichteten wir einen kleinen Altar mit dem Bild der Muttergottes und zwei Engeln und schmückten diesen mit den vielen Blumen. Die Muttergottes war oft genug inmitten der Blütenpracht nicht mehr zu sehen … Leider gibt es diese Tradition heute nicht mehr. ich bedauere dieses sehr, denn meine Beziehung zu Maria und ihre Verehrung im Monat Mai hat damals ihren Anfang genommen.“

„Aus eigener Erinnerung – bin selbst Jahrgang 1956 – kann ich bestätigen, dass im Brohltal kirchliche Maiandachten noch bis in die 1980er Jahre hinein üblich waren, sich lokal zum Teil bis heute gehalten haben. So gibt es beispielsweise auch heute noch separate Maialtäre in der St. Vitus-Kirche in Burgbrohl-Weiler und in der St. Rochus-Kapelle in Galenberg. Dabei wird die Madonnenfigur von Blumenschmuck – zumeist Hortensien – umrahmt. In unserer Familie wurde ebenfalls bis in die 1980er Jahre jeweils ein kleiner, privater Maialtar eingerichtet – ein Brauch, den meine Mutter in diesem Jahre (2010) wieder hat aufleben lassen, indem sie unsere alte Marienfigur aus Porzellan wieder aufgestellt hat – dekoriert mit einem Fliederstrauß. Im Hause meiner Großeltern mütterlicherseits in Niederoberweiler (heute: Burgbrohl-Weiler) war die Tradition jedenfalls fest verankert. Dort wurde jedes Jahr ein Maialtärchen mit einer Madonnenfigur aufgebaut, an dem die Familie mit ihren 4 Kindern im Maimonat allabendlich betete und Marienlieder sang.“

„Ich bin Jahrgang 1924 und komme aus einem christlichen Elternhaus. Ich entsinne mich, dass im Mai die Maiandacht 1 – 2mal in der Woche gefeiert wurde, dabei wurden Marienlieder gesungen, auch Litaneien gebetet. Die Gottesmutter wurde im Mai besonders verehrt, darum heißt es ja auch in einem Kirchenlied: Maria Maienkönigin, dich will der Mai begrüßen. Zuhause wurde ein kleines Altärchen aufgebaut. Wir streiften als Kinder durch die Wiesen und pflückten Blumen, um den Altar zu schmücken. Vergissmeinnicht, Butterblumen und Wiesennelken. Den Vergissmeinnicht legten wir rund auf eine kleine mit Wasser gefüllte, flache Schale in der Mitte einen Stein zum befestigen, so war er am nächsten Tag hochgewachsen und sah wunderschön aus“.

Heute sind Maialtärchen im Hause gelegentlich noch üblich, kirchliche Maiandachten werden in katholischen Kirchen, Kapellen oder bei Mariengrotten gefeiert.

 

Literatur

Alois Döring: Heilige Helfer. Rheinische Heiligenfeste durch das Jahr. Köln 2009

Alois Döring: „Maria zu lieben“. Zur Geschichte der Maiandachten, insbesondere der privaten Andachten mit Maialtärchen. In: Jahrbuch Kreis Ahrweiler 68 (2011) 237-241.